Entwurf einer Taxonomie für nachhaltige Finanzprodukte in Südafrika

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Johannesburg
Herausforderung

Wie kann ein Land eine nachhaltige Finanzwirtschaft wirksam unterstützen?

Angesichts der globalen sozialen und ökologischen Krisen besteht dringender Handlungsbedarf, Wirtschaftssysteme widerstandsfähiger und klimafreundlicher zu gestalten. Weltweit wächst das Verständnis für die Rolle des Finanzsektors bei der Finanzierung innovativer Technologien und Lösungen, die den Wandel zu einer nachhaltigen, inklusiven und CO2e-armen Wirtschaft unterstützen. Doch wie können finanzielle Institutionen verlässlich neue Investment-Kategorien definieren, die tatsächlich nachhaltigen, sozialen und klimafreundlichen Impact erzeugen?

Durch die steigende Nachfrage an nachhaltigen Verbindlichkeiten seit der Einführung des ersten „Green Bond“ in 2007, unterstützen Regulierungsbehörden weltweit die Entwicklung und Integrität dieses Marktes. In Südafrika richtete das Finanzministerium 2017 eine öffentlich-private Arbeitsgruppe für nachhaltige Finanzen ein und veröffentlichte 2021 den Fachartikel „Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft“. Darin betonte das Ministerium die Notwendigkeit klarer Definitionen, internationaler Orientierung und einheitlicher Standards. Dies soll Investor:innen Transparenz bieten, welche Investitionen als zuverlässig, sozial und nachhaltig gelten, und eine wirksame Offenlegung der Leistung ermöglicht, sowie die Kosten konkurrierender Definitionen auf dem Markt zu senken.

Vor diesem Hintergrund starteten das Finanzministerium und eine Taxonomie-Arbeitsgruppe, aus Vertreter:innen des Finanzsektors gemeinsam mit der IFC, Carbon Trust und der National Business Initiative (NBI) als technische Partner das Projekt, eine nationale Taxonomie für nachhaltige Finanzierungen zu entwerfen. Ziel war es, Südafrikas gerechten Übergang zu einer inklusiven, CO2e-armen Wirtschaft zu beschleunigen, Greenwashing zu verhindern und zugleich internationale Investor:innen anzuziehen.

Taxonomie für nachhaltige Finanzprodukte

Eine Taxonomie ist ein Katalog von Mindestkriterien für Vermögenswerte, Projekte, Aktivitäten und Sektoren, die nach internationalen Best Practices und nationalen Prioritäten als nachhaltig gelten. Finanzakteur:innen können so ihre nachhaltigen Aktivitäten identifizieren, nachverfolgen und nachweisen. Die Taxonomie bietet verbindliche Standards, die den Wandel hin zu einer emissionsarmen Wirtschaft unterstützen.

Lösung 

Entwurf einer international kompatiblen Taxonomie 

Die Arbeitsgruppe bestand aus politischen Entscheidungsträger:innen, Regulierungsbehörden, Branchenverbänden und Finanzakteur:innen aus allen Bereichen des Finanzsektors, darunter dem Bankwesen, der Altersvorsorge, der Vermögensverwaltung und Private Equity, um eine Aufsicht und Beratung durch mehrere Interessengruppen zu gewährleisten. 

Gemeinsam mit der NBI wurde Carbon Trust beauftragt, einen umfassenden Stakeholder-Engagement-Prozess durchzuführen, globale Trends in der Taxonomieentwicklung zu erforschen und eine Taxonomie für nachhaltige Finanzierungen für Südafrika zu entwerfen. Als technischer Partner war es unser Ziel, eine robuste und international kompatible Taxonomie zu entwickeln. Dies führte zu fünf wichtigen Maßnahmen:

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Identifizierung internationaler Taxonomien, wie die EU-Taxonomie, und Bewertung ihrer Übertragbarkeit auf südafrikanische Gegebenheiten. 

empower stakeholders

Gemeinsame Auswahl der geeignetsten Taxonomie-Strategie durch Workshops und Konsultationen mit Banken, Pensionskassen, Asset Manager:innen und Regulierer:innen.

Tender

Anpassung der südafrikanischen Taxonomie an die EU-Taxonomie, da dies ein wichtiger Markt für südafrikanische Emittenten ist. Unter Anleitung der Taxonomie-Arbeitsgruppe haben wir die technischen Leitlinien der EU aktualisiert, um sie an nationale Richtlinien, Vorschriften und Praktiken anzupassen. 

Circular process

Entwicklung eines präzisen Verfahrens zur laufenden Überprüfung und Weiterentwicklung der Taxonomie in Einklang mit zukünftigen wirtschaftlichen Aktivitäten.

Carbon accounting

Erstellung praxisorientierter Leitlinien und Fallstudien, damit Finanzinstitute die Taxonomie in Emissionsprozesse, Sorgfaltspflichten, Portfolio-Monitoring und Offenlegung integrieren können. 

Impact

Die finanziellen Voraussetzungen für ein nachhaltiges Südafrika schaffen 

Mit Blick auf den Übergang zu einer integrativen, CO2e-armen Wirtschaft schafft die Taxonomie einen wachsenden Markt für ESG-orientierte Investments. Sie umfasst eine Mindestanzahl an Aktivitäten und Sektoren, die als nachhaltig gelten, und definiert technische Leitlinien, soziale Schutzmaßnahmen sowie Anforderungen zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen anderer Umweltziele. Die Taxonomie wird:

climate risks and impact

Vertrauen schaffen. Pensionskassen können die klar definierten Kriterien nutzen, um Verordnung 28 umzusetzen und so die Altersvorsorge ihrer Kunden gegen Klimarisiken abzusichern. 

government funding

Glaubwürdigkeit erhöhen. Nachhaltige nationale Anleihen können leichter ausländisches Kapital mobilisieren und damit den gerechten Übergang Südafrikas finanzieren.

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Internationale Kapitalströme fördern. Dank einer rund 70%igen Angleichung an die EU-Taxonomie vertiefen sich die Finanzbeziehungen zwischen Europa und Südafrika.

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Politische Entscheidungen unterstützen. Entscheidungsträger:innen erhalten eine belastbare Basis, um Kapital gezielt für soziale Herausforderungen und Maßnahmen zur Klimaanpassung bereitzustellen.

Ein Sprungbrett für andere Wirtschaftssysteme 

Die südafrikanische Taxonomie wird international als Best Practice gewürdigt. Sie zeigt, wie sich Taxonomien passgenau an die Bedürfnisse eines aufstrebenden Marktes anpassen lassen. Besonders hervorzuheben ist der umfassende Stakeholder-Prozess, der Regulierungsrahmen, Marktteilnehmer:innen und Investor:innen gleichermaßen einbezieht.

 

Danksagung

Die erste Phase der Arbeit von NBI und Carbon Trust umfasste die Einbindung von Interessengruppen und die Entwicklung einer Taxonomie zwischen Juni 2020 und März 2022 und mündete in der Einführung der Taxonomie im April 2022. Diese wurde vom Finanzministerium in Absprache mit der Arbeitsgruppe und mit Unterstützung der IFC in Zusammenarbeit mit SECO (Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft) und Sida (Schwedische Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit) geleitet. 

Die zweite Phase der Arbeit konzentrierte sich auf die Verankerung der südafrikanischen Taxonomie durch direkte Unterstützung der Nutzenden, Sensibilisierung und die Entwicklung von Fallstudien. Dies wird durch das Programm unterstützt, das gemeinsam vom britischen Außen-, Commonwealth- und Entwicklungsministerium (FCDO) und dem Ministerium für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie (BEIS) über die britische Internationale Klimafinanzierung verwaltet und finanziert wird.