Die digitale Wirtschaft ist zum Motor der modernen Welt geworden. Ihr Fundament: ein stetig wachsendes Netz von Rechenzentren. Doch der Fortschritt hat seinen Preis. Je mehr Daten verarbeitet werden, desto höher ist der Strombedarf – und die Netzinfrastruktur kommt kaum hinterher. Betreiber stehen unter Druck, diesen Energiebedarf nachhaltig zu decken. Könnte Anbindung an Wind- und Solarparks eine praktikable Lösung für den nachhaltigen Ausbau von Rechenzentren sein?

Energiebedarf im Blick
2024 machten Rechenzentren rund 1,5% des weltweiten Stromverbrauchs aus. Bis 2030 dürfte sich dieser Anteil verdoppeln auf über 3%. Das entspricht dem heutigen Verbrauch eines Landes wie Japan.
Der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist einer der wesentlichen Treiber für den steigenden Stromverbrauch von Rechenzentren. Das Training komplexer Modelle und der Betrieb kontinuierlicher Prozesse erfordern enorme Rechenleistung, und damit leistungsstarke, energieintensive Prozessoren.
Noch fehlen belastbare Daten zum tatsächlichen Energieverbrauch und zur künftigen Entwicklung. Doch das Ausmaß wird deutlicher. Laut einem aktuellen Bericht der International Energy Agency (IEA) könnte allein das Wachstum von KI den Strombedarf KI-optimierter Rechenzentren bis 2030 vervierfachen. Bleibt die Stromversorgung wie bisher, droht ein deutlicher Anstieg der globalen Emissionen und damit eine weitere Annäherung an die kritische 1,5 Grad Grenze.
Erneuerbare Energien aus nationalen Stromnetzen allein reichen nicht aus. Einer der größten Hürden: begrenzte Netzkapazitäten und Engpässe bei der Netzanbindung. Wenn neue, große Rechenzentren und umfangreiche Erzeugungsanlagen auf veraltete Infrastruktur treffen, kommt es häufig zu langen Verzögerungen und komplexen Genehmigungsverfahren.
Das Argument für Co-Location
Die Frage, wie Rechenzentren künftig mit erneuerbarer Energie versorgt werden können, ist letztlich eine Frage der Priorisierung. Welche Ressourcen bieten die größte Versorgungssicherheit, sind kosteneffizient und lassen sich schnell genug umsetzen, um mit dem Wachstum Schritt zu halten?
Die gute Nachricht: Es gibt Wege, um das digitale Wachstum nachhaltiger zu gestalten. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Doch angesichts eines Emissionsanstiegs von 51% bei Unternehmen wie Google zwischen 2019 und 2025 wird entscheidend sein, welche Lösungen schnell gebaut werden können und direkt zur Emissionsreduktion beitragen. Die folgende Grafik zeigt, wie diese Priorisierung aussehen könnte:
Andere Studien gehen davon aus, dass sich nukleare Anlagen, insbesondere Small Modular Reactors, schneller realisieren lassen als bisher angenommen. Sie könnten künftig eine emissionsfreie Stromquelle für Rechenzentren darstellen.
Doch gerade wegen der kürzeren Umsetzungszeit sprechen in den meisten Fällen nicht nur finanzielle, sondern auch betriebliche Gründe für den Einsatz erneuerbarer Energien. Einer der vielversprechendsten Ansätze ist die räumliche Nähe von Rechenzentren zu Wind- oder Solarkraftwerken. Statt saubere Energie zu den Rechenzentren zu bringen, wird die Rechenlast direkt zur Energiequelle verlagert, indem die Zentren unmittelbar neben oder in direkter Nähe zu den Anlagen gebaut werden. Dieses „Co-Location“ Modell gewinnt an Popularität. Große Technologieunternehmen wie Google und Microsoft setzen bereits verstärkt auf Co-Location denn es ermöglicht nicht nur schnellere und nachhaltigere Stromanschlüsse, sondern bringt auch eine Reihe betrieblicher Vorteile mit sich:
1. Zukunftssichere Emissionsberichterstattung
Ein Grund für Co-Location liegt in den sich wandelnden Standards zur Klimabilanzierung. Bisher stützen sich viele Rechenzentren auf marktbasierte Mechanismen wie Herkunftsnachweise oder Renewable Energy Certificates (RECs), um Emissionsminderungen geltend zu machen. Doch das könnte sich bald ändern.
Das Greenhouse Gas Protocol überprüft derzeit seine Empfehlungen für Scope 1 und 2 Emissionen. Auch die neuen IFRS S2-Vorgaben verlangen eine rein standortbezogene Berichterstattung. Sollte sich die Regulierung verschärfen, könnten ungebündelte Herkunftsnachweise – also solche, die unabhängig vom tatsächlichen Strombezug gehandelt werden – künftig nicht mehr als gültiger Nachweis für Scope 2 Minderungen gelten. Das hätte direkte Auswirkungen auf Betreiber, die sich bislang auf diese Mechanismen verlassen.
Co-Location bietet hier einen klaren Vorteil: Der Strom stammt direkt aus der benachbarten Erzeugungsanlage und lässt sich klar dem Verbrauch des Rechenzentrums zuordnen. Das stärkt die Glaubwürdigkeit der Emissionsminderung und macht sie besser überprüfbar.
2. CO2e-arme Lösungen anbieten
Ein weiterer Vorteil von Co-Location ist die Möglichkeit, auf die steigenden Anforderungen von Kunden zu reagieren. Viele Unternehmen prüfen ihre Lieferketten inzwischen kritisch, um eigene Scope 3 Emissionen zu senken. Sie erwarten glaubwürdige Nachweise für Emissionsminderungen und emissionsarme IT-Angebote.
Co-Location bietet genau das. Der Strom stammt aus erneuerbaren Quellen in direkter Nähe zum Rechenzentrum und deckt dessen Bedarf.
3. Regulierung und Politik verändern sich
Auch politisch rückt der Energieverbrauch der digitalen Infrastruktur stärker in den Fokus. Die Europäische Union hat die überarbeitete Energieeffizienzrichtlinie eingeführt. Sie verpflichtet Rechenzentren mit einer Anschlussleistung ab 500 Kilowatt dazu, jährlich über Stromverbrauch, Power Usage Effectiveness, Wasserverbrauch und den Anteil erneuerbarer Energien zu berichten.
Der gezielte Einsatz von Co-Location kann helfen, diese Kennzahlen zu erfüllen. Solche Vorgaben werden sich voraussichtlich weiter ausbreiten und ambitionierter werden, je klarer die Auswirkungen von Automatisierung und KI auf den Energieverbrauch werden.
Unternehmen, die ihren Verbrauch transparent machen und frühzeitig Maßnahmen zur Reduktion ergreifen, zeigen Verantwortung und sichern sich langfristig Vorteile gegenüber künftigen regulatorischen Anforderungen.
4. Operative Vorteile
Die Vorteile dieses Energieversorgungsmodells gehen über den Bezug von sauberem Strom hinaus. Richtig umgesetzt, bilden erneuerbare Energien in Kombination mit Batteriespeichersystemen einen zentralen Bestandteil einer unterbrechungsfreien Stromversorgung auf Standortebene. Co-located Erzeugungsanlagen erhöhen die Widerstandsfähigkeit gegenüber externen Störungen in der Stromversorgung.
Auch auf Netzebene bringt das Modell Vorteile. Es reduziert Übertragungsverluste, entlastet bestehende Stromnetze und verbessert die Versorgungssicherheit durch den Aufbau lokaler Mikronetze.
Die räumliche Nähe von Rechenzentren zu erneuerbaren Energiequellen ist ein entscheidender Baustein für eine klimafreundlichere Stromversorgung. Gleichzeitig hilft sie, aktuelle Herausforderungen im Netz zu umgehen. Für Betreiber bietet dieser Ansatz großes Potenzial, sowohl in der praktischen Umsetzung als auch im Hinblick auf die steigenden Erwartungen von Kunden und politischen Entscheidungsträgern.
Angesichts der Herausforderung, digitales Wachstum mit Klimazielen in Einklang zu bringen, sollten Rechenzentrumsbetreiber jetzt prüfen, wie solche Lösungen den Wandel der Branche hin zu nachhaltigeren Betriebsmodellen unterstützen können.
Unser Appell an Betreiber und Kunden von Rechenzentren
Rechenzentren sind das Rückgrat der digitalen Wirtschaft und treiben den Einsatz von KI maßgeblich voran. Mit dem Wachstum steigt auch der Energiebedarf. Gemeinsam mit dem Net Zero Innovation Hub for Data Centers untersuchen wir, wie sich der Sektor nachhaltig weiterentwickeln kann. Dazu gehören Maßnahmen zur Energieeffizienz, die direkte Anbindung an erneuerbare Energiequellen, emissionsfreie Technologien und der gezielte Einsatz von KI zur Emissionsminderung.
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